30. Oktober 2006

Das ländliche Burgos

Nach einigen Tagen mit wirklichem Sauwetter und Regen, wie es ihn hier seit Jahren nicht gegeben hat (sagen zumindest alle), ist das Wochenende richtig sommerlich. Also ausnutzen und raus aus der Wohnung. Da ich am Sonntagabend meine Familie vom Flughafen in Madrid abhole, möchte ich einige kleinere Dörfer anschaun, die auf dem Weg liegen und die mir mein Reiseführer „empfiehlt“. Das erste davon ist Covarrubias, ein kleiner Ort mitten in der roten Landschaft mit vielen kleinen Gassen und Fachwerkhäusern. An den Wänden ranken sich Weinstöcke hoch. Das Dorf scheint wie ausgestorben, nur an einem Platz, der aussieht wie der Mittelpunkt des Ortes, scheinen alle Leute zu sein (natürlich bei Pinchos und einem Glas Wein). Der ganze Platz riecht nach Knoblauch von den umliegenden Restaurants und Bars, die gerade auf Hochtouren Mittagessen kochen.

Nach einem kleinen Spaziergang durch das Dorf fahre ich weiter nach Santo Domingo de Silos. Auf dem Weg dorthin ändert sich plötzlich die Landschaft und wie hingeworfen steht ein riesiger Berg, aber keiner wie die umliegenden mit Bäumen sondern nur aus Fels. In den Fels hinein hat ein kleiner Fluss eine enge Schlucht (Garganta de Yerma) gegraben, die man auf einem angelegten Weg begehen kann. Schon beeindruckend! Das Dörfchen um die Ecke ist irgendwie aus einer anderen Zeit, zumindest könnte man das meinen, wenn man die Schilder vor den kleinen Läden und Restaurants weglässt. Alle Häuser sind aus Stein gemauert, die „Straßen“ sind gerade so breit, dass ein Auto durchpasst. Leute sieht man hier natürlich auch keine, außer die Touristenscharen, die alle das Kloster im Ort besichtigen wollen.

Nur ein kurzes Stück weiter durch das Nichts (ok, ab und zu sieht man ein kleines Bauerndorf) befindet sich Lerma, das richtig herausgeputzt ist. Dort gibt es sehr viele alte Gebäude und ehemalige Adelshäuser, und man sieht, dass hier anscheinend nur reiche Leute gelebt haben müssen. Da es schon dämmert, mache ich mich auf den Weg zum Flughafen in Madrid ... was aber mind. eine Stunde länger dauert also sonst, weil anscheinend halb Spanien am Sonntagabend nach Madrid fährt ...

17. Oktober 2006

Am Ende der Welt ...

Endlich ein verlängertes Wochenende! 12. Oktober – sagt niemandem in Deutschland etwas, ist aber Nationalfeiertag in Spanien. Und da der glücklicherweise auf einen Donnerstag fällt, ist natürlich am Freitag nicht wirklich jemand an der Uni anzutreffen – genauso wenig wir... Sarah, Alexia, Heidi, Christine und ich machen uns mal wieder auf die Reise. Dieses Mal heißt unser Ziel Galicien, die Region, die angeblich die schönste in Spanien sein soll - und wo es fast immer regnen soll ... sind ja schöne Aussichten! Aber wieder einmal sollen wir Glück mit dem Wetter haben und das Wochenende bei Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen verbringen ...

Nach etwa drei Stunden Fahrt erreichen wir Lugo. Bis dahin ist die Fahrt noch
relativ eintönig; die Gegend sieht überall ziemlich gleich aus, doch im Hintergrund sieht man schon Berge. Außerdem fahren wir ein Stück am berühmten Camino de Santiago entlang. Die Pilger gehen direkt neben der Straße – ist nicht wirklich romantisch. Also, Lugo: Die Altstadt ist umgeben von ziemlich dicken und hohen Mauern, auf denen man die Stadt umrunden kann. Zufällig findet in der Altstadt, die komplett unter Denkmalschutz steht, ein mittelalterlicher Markt statt, auf dem anscheinend ganz Galicien anwesend ist. Außer der Altstadt gibt es in Lugo nicht viel zu sehen, also fahren wir weiter Richtung Küste. Die Gegend ist wahnsinnig schön; hügelig, alles ist grün, Wälder wechseln sich mit Weiden ab. Überall sieht man Pferde oder Kühe und dazwischen kleine Dörfer. Die Wiesen sind irgendwie grüner als bei uns, die Erde ist viel schwärzer, ab und zu sieht man wieder terracotta-farbene Erde. In Viveiro treffen wir zum ersten Mal auf das Meer (Rías Altas) und machen eine kurze Pause und einen kleinen Spaziergang durch das Örtchen. Danach fahren wir an der Küste weiter und kommen durch unzählige kleine Ortschaften. Leute sieht man nicht viele, und wenn dann sind sie ziemlich alt. Oft hat man von der Straße einen grandiosen Blick auf die Küste und das Meer.

Die erste Nacht verbringen wir in A Coruña, der „Stadt aus Glas“. Fast alle Häuserfronten haben eine zweite Glasfront, die vor Wind und Kälte schützt. In der Altstadt mit ihren vielen kleinen Plätzen reihen sich die Bars aneinander und abends ist deswegen dementsprechend viel los. Am nächsten Morgen drehen wir einige Runden in der Stadt (aus der man anscheinend nicht hinausfinden soll) und sehen dabei die Küstenlinie und einige Monumente, die etwas weiter von der Innenstadt entfernt sind. Als wir endlich draußen sind, fahren wir an der Costa da Morte (Todesküste) entlang. Die Gegend ist noch ländlicher, und es scheint, als ob die Industrialisierung nicht wirklich bis an diesen Zipfel Europas vorgedrungen ist. Alles ist hier sehr traditionell, man sieht viele (alte) Leute mit sehr sehr alten Maschinen und Geräten beim Arbeiten.

An einem der Kaps bleiben wir dann stehen und genießen die Sonne und den Blick aufs Meer. Zum Mittagessen bleiben wir in Laxe stehen, einem kleinen Ort am Meer, wo wir uns am Strand eine schöne Bräune auf die Haut brutzeln lassen. Das Wasser ist etwas zu kalt zum Baden, es hat geschätzte 15°C!

Den beeindruckendsten Teil der ganzen Küste sehen wir bei Muxia. Eine Kirche ist direkt ans Meer gebaut, die Wellen brechen an den großen Steinen an der Küste. Die Eindrücke sind eigentlich nicht zu beschreiben ... also am besten selber hinfahren. Schon allein deswegen lohnt sich eine Fahrt nach Galicien!!

Und dann ist es endlich so weit: wir sind am „Ende der Welt“ (Cabo Finisterra) angelangt. Nachdem wir am Tag vorher schon am nördlichsten Punkt Spaniens waren, sind wir jetzt am westlichsten Punkt (zumindest glaubte man das früher ... aber es ist immer noch fast der westlichste Punkt :-)). Ehrlich gesagt, haben wir uns das Ende der Welt etwas imposanter vorgestellt, aber egal. Außer den zahlreichen Buchten sieht man eigentlich nur sehr ruhiges Meer ...

Die Fahrt an der Küste zieht sich dann ziemlich, doch die Ausblicke entschädigen für alles. Da wir ziemlich spät am Abend nach Santiago de Compostela kommen, ist es ziemlich schwer, eine Unterkunft zu finden, doch nach einer Weile Suche werden wir doch noch fündig ... natürlich lassen wir es uns hier nicht entgehen, Meeresfrüchte zu essen, Galicien ist schließlich bekannt für beste Qualität! Die Stadtbesichtigung steht am nächsten Morgen auf dem Programm, und da muss natürlich die Kathedrale dabei sein, die wirklich schön ist. Man kann auch den Heiligen Jakob berühren, und da die Pilgerscharen ziemlich groß sind, muss man dementsprechend lange dafür anstehen. Aber man fährt schließlich nicht jeden Tag nach Santiago...

Danach fahren wir weiter auf die Illa de Arousa, eine kleine Insel in den Rías Bajas. Es ist auch ganz nett hier, aber mehr nicht. Deswegen verlieren wir keine Zeit und fahren nach O Grove, eine Halbinsel nicht weit davon. Hier sind gerade Feierlichkeiten rund um alles, was so im Meer schwimmt und was man essen kann. Es gibt riesige „Fresszelte“ mit allem, was man sich so vorstellen kann. Krake, Krebse, Fisch, Gambas ... Natürlich finden auch traditionelle Tanzaufführungen statt, alles in lokaler Tracht. Der Rest der Insel ist auch ziemlich schön, überall gibt es Sandstrände.

Einen kurzen Zwischenstopp an der Strecke legen wir in Combarro ein, einem kleinen Dorf, dessen Ortskern Nationalmonument ist, da es aus viele kleinen, alten Häusern besteht und unzählige Hórreos (Getreidespeicher) besteht. Nach einem kurzen Streifzug kommen wir dann in Pontevedra an, unserem nächsten Zwischen stopp. Die Stadt ist richtig sauber und herausgeputzt mit vielen Plätzen und netten Ecken. Mehr durch Zufall entdecken wir eine richtig urige Kneipe, wo wir dann die bekannten Weine der Region (Ribeiro und Albariño) probieren – und natürlich mal wieder vom Meeresgetier der Region essen.

Am nächsten Morgen fahren wir in das Örtchen Tui, das Grenzstadt zu Portugal ist. Ist ein nettes Städtchen – und natürlich lassen wir es uns nicht nehmen, über die Grenze zu spazieren ... dort befindet sich in einer alten Festung der Grenzort Valenca do Minho auf portugiesischer Seite, in dem es anscheinend nur Geschäfte mit Handtüchern u.A. gibt (die komischerweise auch am Sonntag geöffnet sind). Nach einem Mittagessen in Portugal verlassen wir das Land wieder und machen uns auf den Rückweg.

Doch zuhause sind wir noch lange nicht. Zuerst machen wir einen Zwischenstopp in Ourense, was aber nicht wirklich sehenswert ist. Dafür umso mehr der Rest der Fahrt. Es gestaltet sich zwar etwas schwierig, den richtigen Weg zu finden – wir hätten uns wohl doch besser eine detaillierte Karte kaufen sollen – aber egal. Nach Ourense geht es so richtig ins Gebirge. Nach einer endlos scheinenden Fahrt (auf der wir so einige Zweifel haben, ob wir jemals wieder nach Burgos kommen ;-)) öffnet sich endlich der grandiose Blick wie im Reiseführer beschrieben. Wir befinden uns auf weiß-ich-nicht-wie-vielen-Metern Höhe und blicken in die gigantische Schlucht des Río Sil. Gut, ist mit dem Grand Canyon nicht zu vergleichen, aber immerhin! Die Fotos und Beschreibungen sagen natürlich mal wieder weniger als die erlebten Eindrücke ...

Wir fahren noch viele Kilometer in diesem Tal und an der Schlucht entlang, bis wir endlich wieder auf eine einigermaßen vernünftige und größere Straße kommen ... die dann auch die nächsten Stunden bis nach Burgos so bleiben soll ... Um 23 Uhr kommen wir dann ziemlich erdrückt von den ganzen Eindrücken wieder in Burgos an. Und ich kann euch nur empfehlen: schaut euch Galicien an!

9. Oktober 2006

Erstes Wochenende IN Burgos

Jetzt hab ich es wirklich mal geschafft, ein komplettes Wochenende in Burgos zu bleiben. Keine Ausflüge, sondern stattdessen mal das Nachtleben von Burgos kennenlernen. Am Freitag ist es dann nicht wirklich das Nachtleben von Burgos, sondern eine typische Erasmus-Studenten-WG-Party. Doch sowas dauert natürlich auch nicht nur bis um 3 oder 4 Uhr morgens. Danach geht es dann noch in die Stadt, in eine der Partystraßen. Aufgrund Müdigkeit (und Regen) mach ich dann allerdings nicht mehr mit, aber anscheinend soll es bis 8 Uhr morgens gedauert haben. (Für alle die es nicht wissen: Hier gibt es verschiedene Kneipenstraßen, die je nach Uhrzeit entweder total überfüllt oder menschenleer sind. Weggehtage sind Donnerstag und Samstag, den Freitag nutzen die meisten zum Relaxen. Vor 12 ist nirgends wirklich viel los, einige trinken gemütlich die ersten Bierchen in den Bars, die berühmten "botellons" beginnen – auf den Straßen und an den Plätzen wird v.a. von Jugendlichen Mitgebrachtes getrunken. Danach sind die Bars plötzlich voll, bis irgendwann die meisten Bars in der einen Gegend schließen, und die Leute in andere Straßen weiterziehen. Das kann dann schon mal bis 8 oder 9 Uhr morgens dauern...)

Am Samstag geht es dann in die „Llanas“, einige Straßen direkt im Zentrum, die eigentlich nur aus Kneipen bestehen. Wie das so üblich ist, überall ein Getränk, und weiter gehts! Und kaum ist man eine Woche in den Vorlesungen, schon kennt man ein paar Leute beim Weggehn, die dann wieder Leute kennen. Ziemlich kurios ist, dass anscheinend alle sofort auf den ersten Blick wissen, dass ich aus Deutschland komm ... schau ich wirklich so typisch deutsch aus? Anscheinend... Nur gut, dass die Deutschen hier allgemein einen relativ guten Ruf haben ;-)

7. Oktober 2006

Basketball vom Feinsten

Was für glücklich Umstände: Sarah (die Amerikanerin) ist über ein Austauschprogramm zwischen der Uni Boston und der Uni Burgos hier; deswegen hat sie hier eine Betreuerin für dieses Programm, die wiederum einen Bekannten hat, der anscheinend zuviel Geld hat oder sonst nicht weiß, wie er seine Eintrittskarten zu den Basketballspielen loswerden soll. Da wir ein solches Angebot natürlich nicht ausschlagen, ziehen wir los – bei strömendem Regen ... bis wir in der Sporthalle ankommen, sind wir trotz Regenschirm ziemlich aufgeweicht. Aber egal, schließlich haben wir Freikarten und sitzen auf der Haupttribüne, direkt unter den Kameras. Eigentlich hätten wir auch direkt am Spielfeld sitzen können (auf dem Foto rechts unten), doch von hier oben hat man einen besseren Überblick. Bis dahin haben wir keine Ahnung, wie hoch das Team aus Burgos spielt. Aber es ist folgendermaßen: In Spanien gibt es die Liga ACB, die nach der NBA als die beste Basketballliga der Welt gilt. Dann gibt es eine weitere Liga, LEB, die aber eine andere Vereinigung darstellt. Wie auch immer, LEB ist also sowas wie die zweite Liga. Also nicht unbedingt schlecht!


Das Team aus Burgos ist nicht in Topform an diesem Tag, sie verlieren – am Ende ziemlich knapp, es kommt fast zu Rangeleien wegen einigen brenzligen Situationen – gegen Melilla. Aber egal, war trotzdem richtig gut.

5. Oktober 2006

Amerikaner ...

Es gibt tatsächlich Amerikaner, die ein Vorurteil komplett bestätigen bzw. übertreffen: Heute hat mir Sarah, meine Freundin aus Amerika, die auch hier studiert, folgendes erzählt: sie hat mit einem anderen Ami geredet, der meinte, Spanisch sei wirklich schwierig und blabla, was aber eigentlich nicht sein dürfte, weil es ja die gleichen Buchstaben sind. Sie meinte dann, klar ist Spanisch einfacher als z.B. Chinesisch oder Russisch (klar, wie recht sie hat!). Und jetzt der Hammer: Der Typ ergänzte dann: ... und als Deutsch ... ähhhhh – wie blöd ist der Typ? Seit wann haben wir in Deutschland ein anderes Alphabet als der Rest der westlichen Welt? Hat sich wirklich soviel verändert in den letzten Wochen seit ich weg bin???!!! Tja, sie hat sich dann doch bisschen geschämt für diesen Typen, der (wie sie sagt) doch so ein bisschen den „typischen“ Amerikaner repräsentiert, der außer Amerika eben nicht wirklich was kennt ...

4. Oktober 2006

Die ersten Vorlesungen

Endlich ist es soweit – die Vorlesungen haben begonnen! Mein Stundenplan sieht ziemlich chaotisch aus, weil ich mir jetzt am Anfang einige Fächer mehr anhören möchte als ich machen muss. Aber eigentlich habe ich schon meine Favoriten ausgewählt ... doch dadurch wird der Stundenplan leider auch nicht schöner. Hab (bis auf eine Ausnahme) alle Vorlesungen am Nachmittag, was hier heißt, ab halb 4. Zwischendrin hab ich oft Pausen, aber heimgehen bzw. –fahren lohnt sich da auch nicht. Es ist hier anscheinend auch relativ normal, mal bis halb 10 (21:30 Uhr!!!) Vorlesung zu haben. Tja, versteh einer die Spanier und ihren Tagesablauf! Bis jetzt hab ich einen ganz guten Eindruck von den Professoren, die sind alle (bis auf einen) ziemlich gut drauf und freuen sich immer, wenn dann doch ausnahmsweise mal eine Erasmus-Studentin in der Vorlesung sitzt. ;-) Da ich in diesen Vorlesungen immer die einzige bin, bringen sie dann komischerweise oft irgendwelche Beispiele von Deutschland – ist eigentlich ganz witzig. Hilfsbereit sind sich auch, und alle bis auf einen gestalten ihre Vorlesungen sehr praxisorientiert und abwechslungsreich (zumindest die Fächer, die ich gewählt hab – hab schon anderes gehört). So vergeht auch die „Nachtschicht-Vorlesung“ schnell! Und ich glaub ich hab ganz interessante Fächer gewählt. Nur ein Prof nervt bisschen, denn der erwartet wirklich, dass man eigentlich alles mitschreibt, was er sagt. Dafür wiederholt er auch jeden Satz mindestens dreimal – ich glaub, jeder kann sich vorstellen, wie aufregend das ist! Eigentlich wär das Thema ja ganz interessant ... aber auch nur eigentlich :-).


Ich fühl mich also grad so ein bisschen wie eine Exotin hier in meinen Vorlesungen ... hat aber bis jetzt nur Vorteile. Einmal lern ich so viel mehr Spanier kennen (da hab ich keine Wahl!) und hab so bisschen einen Sonderstatus. Die Profs sind daher sehr aufgeschlossen, und die anderen lassen mich ihre Mitschriften kopieren – wie praktisch ;-).


Für alle IM-Studenten: Wenn ihr mal ein Semester lang keine Gruppenarbeiten oder Präsentationen machen wollt – kommt nach Burgos ;-).