3. November 2006

Familie zu Besuch

So, eine Woche lang darf ich jetzt Reiseführer für meinen Vater und meine Brüder Thomas und Andreas spielen, die für fünf Tage zu Besuch sind und natürlich etwas vom Norden Spaniens sehen wollen.

SAN SEBASTIÁN UND BASKENLAND:

Am Montagmorgen machen wir uns nach einer sehr kurzen Nacht auf den Weg nach San Sebastián. Der Kommentar meines Vaters, als wir aus Burgos rausfahren: „Das sieht ja aus wie eine Mondlandschaft!“ So schlimm ist es dann auch wieder nicht, aber richtig, es ist schon etwas karg, bis wir einigermaßen nah an der Küste sind. Leider ist das Wetter an der Küste nicht so gut wie im Landesinneren, der Himmel ist nebelverhangen. Aber egal, wenn wir schon mal da sind schauen wir uns trotzdem die Stadt an. Danach fahren wir ein Stück an der Küste entlang, doch da das Wetter nicht besser zu werden scheint, geht es Richtung Landesinneres. Vorbei an einigen kleineren Ortschaften, die mehr Betonplattensiedlungen gleichen als Wohngegenden und nicht wirklich zum Wohnen einladen, erreichen wir den Berg Urkiola. Als wir auf den Pass fahren, haben wir schon eine fantastische Sicht auf die Umliegenden Berge. Oben angekommen, machen wir eine kleine Wanderung und sehen zu, wie die Sonne hinter den Bergen verschwindet...

BURGOS:

Am nächsten Tag steht Burgos selber auf dem Programm. Da ich der Uni kurz einen Besuch abstatte, machen sie die drei Männer selber auf den Weg und gehen (nach ihren Aussagen) kilometerweit durch Burgos. Natürlich darf der Besuch der Kathedrale nicht fehlen. Damit auch kulinarisch etwas typisches aus der Region auf den Tisch kommt, gehen wir am Abend gemütlich in ein spanisches Restaurant (nachdem wir am Tag vorher schon Paella gegessen haben und es mit meinen spanischen Kochkünsten nicht so weit her ist) und essen u.a. Morcilla (Spezialität aus Burgos = Blutwurst), eine typische Suppe mit Knoblauch und vielen Sachen vom Schwein sowie verschiedene Braten, die hier sehr oft auf der Karte stehen.

LEÓN UND UMGEBUNG:

Der dritte Tag führt uns zuerst nach León, einer mit Burgos vergleichbaren Stadt. Natürlich steht auch dort (wie in jeder Stadt in Spanien) eine Kathedrale; außerdem ist noch ein gutes Stück von den römischen Stadtmauern erhalten. Wir gehen durch die Innenstadt, da wir aber wegen dem Nebel nicht viel sehen, machen wir uns bald wieder auf den Weg. Vorbei an dem netten Städtchen Astorga erreichen wir schon nach kurzer Fahrt die kleine Straße, die uns durch das Bergland der Maragatería nach Ponferrada führen soll. Leider ist es am Anfang noch ziemlich neblig, doch das tut der Ursprünglichkeit dieser kleinen Dörfer am Wegrand keinen Abbruch. Die Gegend ist kaum bewohnt, doch die kleinen Siedlungen sind umso eindrucksvoller. Wir machen einen kleinen Spaziergang durch eines dieser Dörfer (Castrillo de los Polvazares), das unter Denkmalschutz steht – wohl zurecht, denn jedes Haus ist aus den gleichen roten Steinen gebaut, und grüne Farbe für Türen und Fensterläden gab es wohl zu einem Sonderpreis. Das Dorf erstreckt sich praktisch nur an der Hauptstraße entlang, die aus kleinen Steinen besteht und ziemlich holprig ist. Bis wir auf dem Pass angekommen sind, kommen wir noch an einigen halb verfallenen Dörfern vorbei. Als wir endlich oben sind, hat sich der Nebel endlich verzogen und wir haben einen super Ausblick auf die Umliegenden Gipfel und Täler.

Wieder unten angekommen, führt uns der Weg in das ehemalige Bergbaugebiet Las Médulas. Erst kurz vor dem kleinen Ort sieht man diese bizarre Berglandschaft – rote Gipfel ragen in die Höhe, mit Erde wie in Australien ... oder auf dem Mars. Dieses Gebiet ist eine fantastische Gegend, jedoch von Menschenhand geschaffen: Die Römer bauten hier Gold in den ersten Jahrhunderten n.Chr. Gold ab; durch die Überflutungen wurde der Berg teilweise zum Einsturz gebracht. Wir unternehmen eine kleine Wanderung und sehen das Gebiet aus der Ferne – genauso wie die umliegenden Bergketten. Doch erst nachdem wir mit dem Auto zu einem nahe gelegenen Aussichtspunkt gefahren sind, können wir von der anderen Seite das riesige Ausmaß dieses Gebiets (das übrigens Unesco Weltkulturerbe ist) sehen. Man kommt sich vor, wie auf einem anderen Stern...

SIERRA DE LA DEMANDA:

Wir fahren in die direkte Umgebung von Burgos Richtung La Rioja, in die Sierra de la Demanda. Schon nach kurzer Zeit erreichen wir nach abwechslungsreichen Landschaften einen ersten Stausee. Am Rand des Sees liegen Reste des Dorfes, das hier wohl einmal gestanden hat. Aufgrund der Wiesen in dieser Höhe sieht das Zusammenspiel vom Grün der Wiesen, dem klaren See und den Steinen aus, wie Bilder aus Schottland. Nach einem Spaziergang über die Staumauer führt uns der Weg weiter durch die Berge, wo an den Hängen verschiedene Baumarten wie mit dem Lineal gezeichnet abgetrennt sind. Vorbei an einem weiteren Stausee und einigen Schafherden auf der Straße kommen wir an den höchsten Punkt des Passes und gehen den Rest des Weges auf den Gipfel zu Fuß. Von dort oben (1.500 m) hat man einen tollen Blick auf die komplette Sierra. Auf der anderen Seite geht es natürlich auch wieder hinunter, vorbei an vielen traditionellen Dörfern und ständig wechselnden Landschaften. Bei einem kleinen Abstecher nach Neila treffen wir am Wegrand häufig Kühe an, die hier anscheinend ohne Zaun und Grenzen weiden dürfen.

Der beeindruckendste Teil der Strecke kommt jetzt: die Straße, die immer enger und kurviger wird, führt direkt an den Berghängen entlang, oberhalb eines Flusses und mehrerer Stausseen durch das Tal. An einem Stausee, der noch ziemlich neu zu sein scheint, sieht man noch Hauswände aus dem Wasser ragen. Auf der anderen Seite der Straße ragen die hohen Felsen empor, die teilweise grünlich sind. Überall, auch wenn der Untergrund noch so karg ist, sieht man Kühe, Pferde oder Schafe weiden, ab und zu steht ein alter Stall an den steilen Hängen. Auf der anderen Seite des Tals sieht man die Brücken der Wasserleitungen, die vor langer Zeit zum Bewässern der Weinstöcke im Tal gebaut wurden. Dort kommen wir dann nach einer langen, aber schönen Fahrt auch hin. (Jetzt weiß ich auch, warum der Wein aus dem Gebiet La Rioja rot ist: weil die Weinreben auf roter Erde wachsen ;-))

EL ESCORIAL:

Am letzten Tag machen wir uns früh bei Sonnenaufgang auf den Weg in Richtung Madrid. Bis zur Sierra de Guadarrama nördlich von Madrid scheint das Wetter noch einigermaßen schön zu sein, doch das ändert schlagartig, als wir die Berge erreichen. Ziemlich dichter Nebel und Regen wird uns den ganzen Tag begleiten. Also lassen wir die Stadtbesichtigung von Madrid sausen und fahren stattdessen zum Schloss bzw. Kloster San Lorenzo de El Escorial ein Stück nördlich von Madrid. Der Bau, der Weltkulturerbe ist (und von den Spaniern als achtes Weltwunder bezeichnet wird), ist der größte Renaissance-Bau der Welt und wird von der Größe der Grundfläche her nur vom Vatikan überragt. Das Schloss war Residenz der spanischen Könige, die alle in der Gruft bestattet sind. Der Rundgang durch das Gebäude ist ziemlich beeindruckend, nur der Blick von außen und die Aussicht wird von Nebel und Regen behindert.

Damit ist die Woche auch schon wieder vorbei. Wegen der Ausflüge habe ich viel von der abwechlungsreichen Landschaft Spaniens gesehen, die ich vorher noch nicht kannte, und außerdem durch die abgelegenen Dörfer ein bisschen das ursprüngliche Spanien kennengelernt.

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